Infanteriestellung auf dem Westerberg

Reste heue noch vorhanden


Der Selzstellung vorgelagert waren vier vorgeschobene Stellungen. Diese befanden sich auf dem Westerberg, beim Windhäuser Hof, in Zornheim und in Mommenheim/Nierstein. Ausgelegte waren die Stellungen für insgesamt 39 Kompanien

 Teilweise erhalten ist heute noch die vorgeschobene Stellung auf dem Westerberg. Diese bildete die vorgelagerte rechte Flanke der Selzstellung und die vorderste Front der Festung Mainz.

Die vorgeschobene Stellung verlief entlang des Westerbergs bei Ingelheim und des Gau-Algesheimer Kopfes. Gebaut wurden Infanteriestellungen für insgesamt 11 Kompanien. Für den Aufbau dieser Stellung wurde als erste Maßnahme sofort nach Beginn des Krieges eine Zahnradbahn rückseitig auf den Westerberg geführt. Am 11. Armierungstag begann der feldmäßige Ausbau der Stellungen. Die Bauten wurden anders als die Werke der Hauptstellung nicht „massiv“, sondern „aus Holz“ ausgeführt.

Die vorgeschobene Stellung auf dem Westerberg hatte eine Länge von ca. 4,5 km. Die Infanteriestellungen waren entlang dieser Linie aufgereiht und hatten untereinander unregelmäßig Abstände. Heute lassen sich noch mindestens 9 dieser Stellungen auf sogenannten LIDAR-Laserscans nachweisen, die das rheinland-pfälzische Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz (LVermGeo) entlang der Höhen des Westerbergs angefertigt hat. Die moderne Technologie (Lidar: Light detection and ranging) hilft in Gegenden, wo Festungsreste von oben wegen schützender Blätterdächer unsichtbar bleiben. Lidar sendet aus der Höhe Lichtimpulse zu Boden. Von einem Flugzeug können die unterschiedlichen Bodenstrukturen mit einem Laserscanner detailreich gemessen und auf einem digitalen Geländemodell dargestellt werden. So wird erkennbar, was unter der Blätterdecke verborgen liegt.

Mit den Ergebnisse dieser Lidar-Laserscans und den erhaltenen Funden vor Ort konnten die original erhaltene Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg rekonstruiert werden. So gab es auf dem Westerberg mehrere große Stellungen, die für die Belegung einer ganzen Kompanie ausgerichtet waren. Weiterhin sind Stellungen gebaut worden, bei denen zwei kleinere, nebeneinander liegende Stellungen für eine Kompanie genutzt wurden. Bei allen Stellungen waren für den Aufenthalt der Soldaten kleine Infanterieräume vorhanden. Bei den großen Stellungen waren dies 8, bei den kleineren Stellungen bis zu 5 Räume. 24 Soldaten und damit ein 1/3 Zug hätten in jedem dieser Räume auf Bänken sitzend Platz gefunden. Wegen der ursprünglichen Planung, die Stellungen teilweise mit Beton zu verstärken, waren die Räume mit Wellblechen ausgekleidet und mit einer 60 bis 80 cm dicken Erdschicht abgedeckt. Die Wellbleche und die Baumaterialien für die Unterkunftsräume der Soldaten sind heute nicht mehr vorhanden. Ebenso wenig finden sich heute noch die 10 m breiten Drahtnetze.

Gut erhalten und in der Landschaft zu sehen sind auf dem Westerberg noch Verkehrs-, Verbindungs- und Schützengräben. Integriert in die Schützengräben gab es mit Holz verkleidete Unterschlupfe, in denen jeweils 5 Mann sitzend sich hätten aufhalten können. Gut zu erkennen sind auf den Laserscans und vor Ort auch noch die Stellen, wo sich die Verbandräume, die Küchen, die Räume für die Offiziere und die Fernsprecheinrichtungen sowie das Abort befunden haben. Diese Räume waren mit Ausnahme des Aborts jedoch nicht bei allen Infanteriestellungen vorhanden. Insbesondere bei den kleinen Stellungen waren Verband-, Offizier- und Fernsprechräume sowie die Küche für die Nutzung einer Kompanie aufgeteilt. Gemeinsam war diesen Räumen, dass sie fast immer in der Nähe der Verbindungsgräben angelegt worden waren.

"Die Schützengräben auf dem Westerberg sind ein rares Denkmal in Deutschland", titelte am 29. März 2014 die "Allgemeine Zeitung" in einem ganzseitigen Bericht über die Spuren aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Stadt Gau-Algesheim hat in Kooperation mit der Carl-Brilmayer-Gesellschaft zwei Informationstafeln entlang der Hiwweltour Bismarckturm zu den Stellungen auf dem Westerberg aufgestellt. Damit gelang es, die Bedeutung der Festungsreste als kulturelles Erbe herauszustellen und diese für Besucherinnen und Besucher erlebbar zu machen.

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Zum Nachlesen

Brauch, André / Büllesbach, Rudolf: Infanteriestellungen aus dem Ersten Weltkrieg entdeckt.  Rekonstruktion einer vorgeschobenen Stellung der Festung Mainz, Der Wall Band 88 (2014), S. 15 - 19
Faßbinder, Thomas / Haupt, Peter: Stellungen des Ersten Weltkriegs auf dem Westerberg. Heimatjahrbuch Landkreis Mainz-Bingen 58, 2014 (2013) S. 123-126.
Allgemeine Zeitung vom 29. März 2014: "Schützengräben auf dem Westerberg - Im Ersten Weltkrieg waren Befestigungen nahe Gau-Algesheim Teil des 'Bollwerks Mainz' / Rarität in Deutschland"